Offener Brief an die Deutsche Bahn, billige Pralinen statt offenes Ohr

Vorfall vom 16.1.19 19:55

ICE 1692 Schaffner M. Barth

Nach längerem Indien Aufenthalt und einem verspäteten Langstrecken Flug steige ich erschöpft in den Zug am Frankfurter Airport. Das Ticket, das ich bereits vor meiner Reise gekauft habe, hat Zugbindung. Ich hoffe also auf einen kulanten Schaffner.

Das Gegenteil ist der Fall.
Der Schaffner bittet mich ohne mit der Wimper zu zucken zur Kasse. Per Kreditkarte werden mir 152€ abgebucht, die zuvor bezahlten 53,90€ sind für die Katz. Macht für die Fahrt Frankfurt Airport – Berlin schlanke 205,90€.

Auch wenn es ein Rätsel bleibt, warum die Bahn es nicht schafft eine angemessene Umbuchungsgebühr (von zB 35-45 Eur) für solche Fälle umzusetzen, wie es andere Unternehmen schon immer anbieten – ich hätte es dabei bewenden lassen. Nur: die Pralinen Aktion des Schaffners war dann doch etwas zu arg. Ich beobachte nicht zum ersten mal, wie Bahn Angestellte (anscheinend so geschult) Naschzeugs an die Fahrgäste und Spielzeug an Kinder verteilen. Als der Schaffner etwa zehn Minuten nach dem Auslesen meiner Kreditkarte mit der Pralinen Schachtel vor mir herumwedelt, kann ich nicht anders. Ich spreche ihn darauf an, dass ich es als Unverschämtheit empfinde, mir jetzt Pralinen anzubieten. Ich frage ihn ganz konkret, wie das zusammen passt. 205€ für die Fahrt sind ja nun für die meisten Menschen in diesem Land viel Geld. Um genau zu sein: der Preis steht in keinem Verhältnis zur Leistung. Vergleicht man die Preise der Mitbewerber, kommt das ganze gefühlt einem Raub nahe.

Plötzlich geht alles sehr schnell. Der Schaffner versucht meiner persönlichen Frage auszuweichen. Als ich in ruhigem aber bestimmten Ton nachhake, streckt er seinen Arm in Richtung meines Gesichts. Auf einmal wird er sehr laut und verlangt „augenblicklich Ruhe“, wobei er an dieser Stelle selber schreit. Ich bitte ihn die Hand aus meinem Gesicht zu nehmen, woraufhin er tatsächlich sagt, dass, wenn ich nicht sofort Ruhe gebe, für mich die Fahrt beendet sei. 

An dieser Stelle bin ich doch recht baff. „Wir müssen hier nicht das ganze Abteil unterhalten“ sagt er weiter, woraufhin ich ihn darauf hinweise, dass es mein Recht auf freie Meinungsäußerung beinhalte, diese Situation als Unverschämtheit zu empfinden und das auch so zu kommunizieren. Daraufhin entfernt er sich.

Nun, liebe Deutsche Bahn. Was sagst Du dazu? Wie findest Du diese Geschichte, die so oder so ähnlich jeden Tag in Deutschland passiert? Wie fühlt sich das an, normalen Fahrgästen wie mir (selbständig, Familienvater) statt Kulanz .. billige Pralinen & die hässliche Fratze des Neoliberalismus in die Fresse zu ballern? Ganz ehrlich, hätte ich keine Kreditkarte gehabt, Du hättest mich doch irgendwo zwischen nirgendwo und Hinterarschlochheim ausgesetzt, stimmt’s, Du alte Money Bitch?

Mich würde wirklich interessieren, wie Du deine Schaffner wie Herr Barth dressierst. Es gibt ja auch noch Menschen bei Euch, habe ich mir sagen lassen. Aber viele sind es – glaube ich – nicht mehr. Eher Leute vom Schlag eines Herrn Barth, der laut eigener Aussage seinen Job nicht „halbherzig“macht. Vielleicht eher hartherzig? Ich hoffe, liebe Deutsche Bahn, dass Du Leute wie Herr Barth ordentlich bezahlst und Ihnen das Leben nicht unnötig schwer machst.

Denn, weißt Du.. das traurige ist ja auch, das solche Erlebnisse sich einprägen. Und wer kann, fährt dann natürlich wieder lieber Auto. Es ist schon ein Dilemma, das seinesgleich sucht. Die Menschen lieben Zugfahren. Aber alle hassen Dich, die Bahn. Und eines kannst Du mir glauben: das kommt nicht von ungefähr.

2 Responses to “Offener Brief an die Deutsche Bahn, billige Pralinen statt offenes Ohr”

  1. Tatortreiniger
    Januar 18th, 2019

    Du wusstest, dass dein Ticket in dem Zug nicht gültig ist.

    Warum hast du nicht vor Fahrtantritt den Zugbegleiter freundlich deine Situation erklärt und um Kulanz gebeten?
    Warum hast du dich in die 1. Klasse gesetzt und beschwerst dich jetzt über eine vermeintlich hohe Nachzahlung? In der 2. Klasse wäre diese deutlich geringer gewesen.
    Warum beleidigst du jetzt hier im Internet öffentlich einen dir wildfremden Menschen?

  2. Adam Nuemm
    Januar 18th, 2019

    Du beweist mit Deiner Mutmaßung (ich hätte mich in die erste Klasse gesetzt), dass die Preise überzogen sind. Ich saß nämlich ganz normal in der zweiten Klasse. Und ich beleidige hier niemanden. Ich wehre mich nur gegen die systemische Frechheit, die hier stattfindet. Mein Brief ist nicht an den Schaffner gerichtet, sondern an seine Vorgesetzten. Übrigens: ich hatte tatsächlich den Impuls, vor dem Einsteigen direkt auf den Schaffner zuzugehen (und evtl hätte das auch etwas gebracht) aber ganz ehrlich: wenn der Schaffner entspannt ist kann er mir auch im Zug weiterhelfen. Ich war dermaßen erschöpft und alle nach der langen Reise, ich wollte auf jeden Fall in diesen Zug. Daher habe ich nach kurzem Blickkontakt mit dem Schaffner auf dem Bahnsteig entschieden erstmal einzusteigen.

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