Potential verpufft

Filmkritik: Tron Legacy 3D

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Die Vorzeichen für Disney neuen Film in der Welt von Tron waren mehr als gut: Jeff Bridges in der Hauptrolle, die Aufarbeitung eines (oder besser: des) kultverdächtigen Cyberästhetik Stoffes aus den Achtzigern in einem neuen, technisch revolutionären Gewand, die Elektro Formation Daftpunk verantwortlich für den Soundtrack – Joseph Kosinski, der Regisseur von Tron Legacy, musste sich schon Mühe geben, um aus seinem ersten Langfilm KEINEN Kultfilm zu machen. Er hat es – sehr zu meinem Leidwesen – dennoch geschafft.

Der Film nervt direkt zu Beginn schon so ein bißchen, wenn wir zum erstenmal der computergeliftetet Version von Jeff Bridges begegnen. Die Animation wirkt in Mitten von Echheit und gegenüber dem realen Schauspieler matt und fade. Okay, sagen wir uns, ein kleiner Schönheitsfehler und noch kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken. Doch weiter: Nach einer kurzen und nichtssagenden Einführungspassage finden wir uns – völlig unerwartet und leicht überstürtzt im “Grid” wieder – der cyberrealen Welt von Tron. Unser Held Sam Flynn (Garrett Hedlund) ist zu diesem Zeitpunkt ein irgenwie nichtssagender, witzloser Typ, der leider auch in den nächsten 120 Minuten nichts an Charme hinzugewinnt – wohl einer der Gründe, warum Tron Legacy nicht funktioniert. Es folgt ein Haufen Probleme im Grid: Sam wird festgenommen und bedroht, von einem hübschen Überwesen (macht ihren Job gut und ist nicht nur nett anzusehen: Olivia Wild) gerettet, findet seinen verschollenen und meditierenden Vater Kevin (Jeff Bridges hier mal in Natura). Dann passiert eigentlich nicht mehr viel: Sam will seinen Vater zurück in die Realität holen, das mißlingt und es kommt zu einem Kampf mit dem von Kevin erschaffenen Program Clu, das den Grid mittlerweile kontrolliert. Man entdeckt, dass Clu den Sturm mit einer Armee auf die reale Welt plant, doch es gelingt seine Pläne zu vereiteln und Sam kann zuletzt mit dem göttlichen Wesen das Grid verlassen (das ganze erinnert nicht nur optisch stark an Milla Jovovich im “5ten Element”), um in unserer realen Welt ..ja, was eigentlich? Na sagen wir mal alles zum Guten zu wenden.

Was Kann Tron Legacy?

Tron Legacy hat ein paar visuell gelungene Sequenzen, so zum Beispiel das Motorrad Battle, und ist rein optisch absolut gut anzusehen. Die Welt ist beeindruckend, die Designer haben die bereits im Original so unverwechselbare Optik gut eingefangen und technisch dem Stand der Dinge angepasst. Auch der Sound ist streckenweise gut gelungen, es macht richtig Spaß, wenn Daftpunk zum ersten mal von der Leine gelassen wird und der Fuß wippt automatisch eine Weile mit. Positive Erwähnung finden sollten auch die beiden NebendarstellerInnen Olivia Wild und Eddie Izzard. Die beiden spielen ihren Part ausgezeichnet und können nichts dafür, dass ihre Rollen zu unbedeutend sind, als dass wir mehr für sie empfänden.

Was kann Tron Legacy nicht?

Tron Legacy ist kein Film, den man gesehen haben muß. Die Story ist schwach, die Dialoge sind dünn, es kommt keine wirkliche Atmosphäre auf. Die Charaktere bleiben farblos, das ganze geht einem einfach gesagt am Arsch vorbei. Offenbar wurde nur an der Oberfläche gearbeitet – die Konzeption scheint clever, die Umsetzung bleibt herzlos. Wer durch die spannende Kollaboration mit Daftpunk ein neues, bahnbrechendes Interstella 5555 oder Ähnliches erwartet hat, wird bitter enttäuscht. Das Soundesign ist insgesamt altbacken, Daftpunk taucht nur hier und da mal auf und selbst die Szene, in der man Daftpunk immer mal wieder als Djs zu sehen bekommt,  wirkt eher lahm und ausgestellt, anstatt Enthusiasmus zu verbreiten. Vermutlich haben sich das Daftpunk auch anders vorgestellt – zumindest erweckt dieses Interview den Eindruck.

Auf den Punkt, warum Tron Legacy nicht erfüllen kann was es verspricht, bringt es die finale Szene: Das Program Clu tritt seinem Schöpfer gegenüber und kann nicht verstehen, warum dieser ihn verlassen hat. Clu hat in seinen eigenen Augen alles richtig gemacht und wie es von ihm verlangt wurde, getreu dem Motto “Perfektion”, die optimale Systemoptimierung geschaffen. Kevin Flynn kann nichts weiter machen, als sich bei Clu zu entschuldigen – eine menschliche Regung, die Clu als Schwäche begreift und angreift. Der Mensch als Programm, auf Perfektion getrimmt – die dem Film so spielerisch zugrunde liegende Thematik hätte ein unglaubliches Potential gehabt, gesellschaftlich, soziologisch, psychlogisch ist es das spannende Thema der Generation Facebook – leider blitzt möglicher Tiefgang im Film zu selten mal auf, der Tron Legacy kratzt nur an der Schale.

Vielleicht, wird manch einer sagen, wird Tron Legacy ja genau wie das Original erst viele Jahre später zum Kultfilm erhoben. Ich wage die Prognose: er wird es nicht. Der Mix aus Animationen, schwacher Story und platten Dialogen kommt nicht in Fahrt, keine Figur schafft es wirklich relevant zu werden. Da ist keine Empathie, irgendwie geht es um nichts, wenn jake am Ende losrennt, um die Welt zu retten. Dann prügelt er ein bißchen und einen Wimpernschlag später hält er bereits die ersehnte Disc in Händen. Dieser Film ist konstruiert, er läuft nach einem Standardschema ab und scheitert an der Liebe zu dieser wunderbaren Tronwelt, es wurde nicht wirklich mit dem Stoff umgegangen. Eine große Enttäuschung für alle Fans, am Ende möchte man den Filmemachern gegenübertreten und sagen “Hey come on. Im a User. Not a Program!”

Meine Bewertung: 3 von 10

Wer übrigens den Witz und die Idee von Tron generell fesselnd findet, dem sei “Tron 2.0” empfohlen – das bisher wohl überzeugendste Unterhaltungsprodukt aus der Tron Reihe. Das wenig beachtete Computerspiel greift mit viel Kreativität und Augenzwinkern die “Ich gehe in den Computer rein” Thematik auf und macht daraus ein besonderes Spieleerlebnis, das auch von der Kritik sehr positiv aufgenommen wurde.